„Jeder Schritt ist eine Begegnung mit sich selbst.“
Hans Heisz, Künstler aus der Leopoldstadt, hat die Straße zur Kunst gemacht. Das Zu-Fuß-Gehen ist für ihn der ideale Weg um sich mit der Gegend, dem Kunstbegriff und vor allem mit sich selbst auseinanderzusetzen.
Ein kleiner Bahnhof, 14 Kilometer von Wien entfernt, die 60er-Jahre, ein junger Mann geht die Gleise entlang. Hans Heisz hat als Teenager das Zu-Fuß-Gehen aus der Not heraus entdeckt. Abends fuhr kein Zug mehr von der Stadt zurück zum Bahnwärterhaus, wo er mit Stiefvater und Mutter lebte. Also ging er die 14 Kilometer einfach zu Fuß. Damals, sagt der Künstler Hans Heisz, hat er sich anscheinend ans Gehen gewöhnt.
Die Einsamkeit des Gehens ermöglicht ihm, über sich und die Menschheit nachzudenken. „Gehen bringt sehr viel Geist“, sagt er. „Es ist sehr leicht, eingefahrene Wege zu verlassen. Wenn man nur einen Zentimeter neben den Schienen geht ist man schon weit weg von üblichen Mustern.“
Hans Heisz nimmt sich die Zeit zum Gehen. Wenn er beispielsweise Freunde in Hütteldorf besucht geht er zu Fuß dorthin und auch wieder zu Fuß nach Hause zurück in den zweiten Bezirk. Eine Strecke für die man zu Fuß gute eineinhalb Stunden benötigt. „Beim Gehen nimmt man eine Gegend, ihren Flair, intensiver wahr.“
Diese Straße ist Kunst
Um die Wahrnehmung der Gegend geht es auch bei Hans Heisz Kunstprojekt „Diese Straße ist Kunst.“ Vor einigen Jahren begann er auf der Taborstraße den Schriftzug mittels Aufklebern an Geschäftslokalen anzubringen. Natürlich mit Zustimmung der Geschäftsleute. „Ziel war und ist, dass sich die Menschen mit der Gegend, aber vor allem auch mit sich, der Kunst und dem Kunstbegriff auseinandersetzen“, so Heisz. Unterstützt durch den damaligen Bezirksvorsteher der Leopoldsadt, Karlheinz Hora (Bezirksvorsteher von 2013 bis 2016) wurden entlang der Taborstraße Podeste aufgebaut, die seitdem von Künstlerinnen und Künstlern zur Präsentation ihrer Kunstwerke im öffentlichen Raum genutzt werden. Somit ist die Taborstraße Wiens längste Kunstmeile. Hans Heisz verfolgt Pläne die Kunstmeile bis ins Nordbahnhofviertel auszuweiten.
Komm, wir gehen Künstler schauen
Jedes Jahr im April – und das seit mittlerweile 16 Jahren – organsiert Hans Heisz den „Q202-AtelierRundgang„. Mit einer Wanderkarte ausgerüstet spaziert das Publikum im 2. und 20. Bezirk von Atelier zu Atelier und lernt Künstlerinnen und Künstler in ihren Arbeitsstätten kennen. So wird ein persönlicherer Zugang zur Kunst geschaffen, denn, wie Hans Heisz weiß: „Künstler sind auch nur Menschen.“ In Zeiten in denen scheinbar die Differenzen betont werden, meint Heisz, ist es wichtig, Möglichkeiten der Verbindung zu schaffen. Das ist eine Motivation, die hinter dem Ateliersrundgang steckt.
Warum Hans Heisz zum „Rundgang“ einlädt und nicht zur „Rundfahrt“? Das Gehen von Atelier zu Atelier ist die einzig logische Art und Weise die Kunst und die Gegend in ihrer Vielfalt zu erleben.
Hans Heisz macht mit seinen Projekten die Verbindung zwischen dem Zu-Fuß-Gehen, dem öffentlichen (Stadt-)Raum, der Kunst und der eigenen Persönlichkeit deutlich. Denn, wie er sagt: „Jeder Schritt ist eine Begegnung mit sich selbst.“