Ein Fußgänger fährt mit einem Rollstuhlnutzer durch die Stadt. Foto von Sebastian Philipp

Die Josefstadt will Barrieren abbauen

Ob eine Dienstleistung oder eine Ware ohne Barrieren konsumiert oder erworben werden kann, entscheidet sich meist an der Schwelle zwischen Öffentlichem Raum und Geschäftslokal. Wiens Geschäfte hinken aber leider beim barrierefreien Zugang hinterher. Im 8. Bezirk arbeiten nun die Wirtschaftskammer, der Bezirk – mit Unterstützung der Mobilitätsagentur daran – das zu ändern.

„Mariahilfer Straße top – Josefstädter Straße Flop“ titelt der Österreichische Zivil-Invalidenverband (ÖZIV) in einer Studie zur Barrierefreiheit der Wiener Einkaufsstraßen zu Beginn des Jahres. Tatsächlich sind die Ergebnisse nicht erfreulich: weniger als die Hälfte der Geschäftslokale auf Wiener Einkaufsstraßen sind stufenlos zugänglich. In der Josefstädter Straße sind es nur 24,5 Prozent.

Die Josefstadt will nun zu einem Vorzeigebezirk in Sachen Barrierefreiheit werden. Eine Projektgruppe rund um den Wirtschaftskammer-Bezirksobmann Wolfgang Primisser will mit den Unternehmen Lösungen erarbeiten.

Apothekerin Kristina Taubald (M.) hat für ihre Apotheke in der Josefstädter Straße einen eigenen zweiten, ebenerdigen Eingang bauen lassen. Im Bild mit Bezirksvorsteherin Veronika Mickel, Wolfgang Primisser, Bezirksobmann der Wirtschaftskammer Wien für die Josefstadt, Maria Grundner, Mobilitätsagentur.

Apothekerin Kristina Taubald (M.) hat für ihre Apotheke in der Josefstädter Straße einen eigenen zweiten, ebenerdigen Eingang bauen lassen. Im Bild mit Bezirksvorsteherin Veronika Mickel, Wolfgang Primisser, Bezirksobmann der Wirtschaftskammer Wien für die Josefstadt, Maria Grundner, Mobilitätsagentur. Foto: WKW/Bock

„Zwei Monate lang, mit Start Ende Juni, werden wir die Einkaufsstraße beobachten, mit AnrainerInnen reden, die spezielle Maßnahmen bereits umgesetzt haben, und weitere Möglichkeiten zur besseren Barrierefreiheit besprechen. Anschließend werden die Ergebnisse gesammelt und die Umsetzungsmöglichkeiten plus natürlich die Finanzierungspläne abgewogen“, erklärt WK-Wien-Bezirksobmann Wolfgang Primisser.

Maria Grundner, Fachfrau für Barrierefreiheit der Mobilitätsagentur unterstützt die Initiative mit ihrer Expertise. Sie erklärt: „Geschäfte sind zur Barrierefreiheit verpflichtet. Das wurde 2006 mit dem Behindertengleichstellungsgesetz beschlossen.“ Die zehnjährige Übergangsfrist für verpflichtende Anpassungen hinsichtlich barrierefreiem Zugang sind bereits verstrichen. „Die Beseitigung von Hindernissen kann, je nach Geschäftslokal, natürlich auch mühsam oder etwas teurer werden. Aber Studien zeigen, dass die Umsätze durch die Zielgruppe der Menschen mit Behinderungen steigen – wenn man sie richtig anspricht. Dazu gehört im ersten Schritt die Möglichkeit barrierefrei ins Geschäft zu kommen“, so Maria Grundner.

„Die Zielgruppe, die von der Barrierefreiheit profitiert, ist groß: blinde und gehörlose Menschen, Menschen in Rollstühlen, Ältere, Eltern mit Kinderwägen; aber auch Menschen mit vorübergehenden Beeinträchtigungen, etwa – ganz banal – mit Gipsfuß“, bestätigt Wolfgang Primisser.

Betriebe finden Lösungen

In der Josefstadt soll eine Projektgruppe aus Unternehmen entstehen, die gemeinsam Lösungen zum behindertengerechten Einkaufen erarbeitet.

Veronika Mickel, die Bezirksvorsteherin der Josefstadt, will das Projekt ebenfalls unterstützen und hofft, dass sich viele Unternehmer daran beteiligen: „ Ein Wissenstransfer für die Betriebe ist eine tolle Idee. Das Projekt bereitet einen guten Boden für ein generelles Mindset in dieser Richtung. Denn Barrierefreiheit soll von Anfang an mitgedacht werden. Barrierefreiheit beginnt im Kopf.”

Infos und Kontakt:

E:Mail: wkoimbezirk-8@wkw.at
www.wkoimbezirk.wien