Blick auf den Kahlenberg

Susannas persönliche Stadtwanderwege

Susanna hat uns im Winter geschrieben und sich bei uns für die Fußwegekarte und die Ideen in unserem Newsletter bedankt: „Mit ihrer Hilfe habe ich die beiden Pandemiejahre physisch und psychisch gesund überstanden, und war in regelmäßigen Abständen – alleine oder in Begleitung einer Freundin – unterwegs in und um Wien.“ Das wollten wir genauer wissen und haben Susanna zum Interview getroffen.

Susanna beim Stadtwandern

Foto: Susanna Sobernig

Und sie kam gut vorbereitet zum Interview und hat uns eine Liste ihrer persönlichen Stadtwanderwege durch die Stadt mitgebracht. Susanna hat in Wien studiert, dann 40 Jahre in Klagenfurt als BHS-Lehrerin gearbeitet und ist seit einigen Jahren wieder zurück in Wien. „Wenn Not an der Frau ist, schaue ich auf meine Enkelkinder und koche. Und wenn ich nicht gebraucht werde, dann war ich in den letzten beiden Jahren wandern, eben stadtwandern.“

Was ist stadtwandern für dich?

Schon während meines Studiums habe ich in der Brigittenau gewohnt. Und mein damaliger Weg war von Heiligenstadt mit der Straßenbahn Linie D bis zum Uni-Hauptgebäude beim Schottentor. Ja, und am Wochenende war ich ab und zu einmal am Kahlenberg. Sonst habe ich als Studentin nicht so viel unternommen. Und jetzt ist bei mir der Ehrgeiz aufgekommen, ich muss auch andere Stadtteile von Wien kennenlernen. Und ja, das habe ich als Pensionistin nachgeholt. Ich habe auch ungefähr 15 Routen zusammengestellt, die ich mit Hilfe der Fußwegekarte gemacht habe.

Welche von den 15 Routen ist denn die beste?

Es gibt keine beste davon. Ich habe meine persönlichen Stadtwanderwege in zwei Kapitel unterteilt. Es sind einerseits die Routen, die ich direkt von der Wohnung aus mache. Und andererseits Wege, wo ich mit der Straßenbahn, der U-Bahn oder mit dem Auto hinfahre und dann erst gehe. Es gibt es keine Präferenzen, außer dass es mich schon in Gegenden zieht, wo es ein bisschen grün ist.

Meine Routen betreffen im Wesentlichen den Westen, Nordwesten und Norden von Wien. Im Osten und Süden kenne ich mich gar nicht aus. Da habe ich erst vor kurzem meine erste Führung auf dem Zentralfriedhof gemacht.

Die Brigittenau liegt auf einer West-Ost-Achse eher zentral in Wien. Was hat dich in den Westen gezogen?

Der Blick auf den Kahlenberg, außerdem ist die Donau ein Kraftort für mich, auch die Parks in Döbling. Das ist das Gebiet, wo ich mich am wohlsten fühle. Eine meiner Lieblingsrouten ist einfach der Weg entlang der Alten Donau mit dem Blick nach Westen. Und das ist auch auch eine Erfahrung – ich habe bisher in mehreren Städten gelebt: die schönen interessanten Stadtviertel sind überall im Norden und Westen der Städte, egal wo. Warum das so ist, darauf habe ich keine Antwort gefunden.

Schwäne am Donauufer, im Hintergrund der Donauturm

Foto: Susanna Sobernig

Was ist für dich ein schönes Viertel?

Eben grün, das wäre für mich ausschlaggebend. Und auch natürlich die Sonne, Sonneneinstrahlung, Abendsonne und der Sonnenuntergang im Westen.

Und was ist das Schöne am Zu-Fuß-Gehen?

Es hat mich sicherlich psychisch heil über diese zwei Pandemiejahre gebracht. Komischerweise fallen meine Ängste und Sorgen ab, während ich gehe. Es ist möglicherweise die Bewegung und immer etwas Neues entdecken, und wenn’s noch so eine kleine Tafel ist. Und ich mag auch das Gefühl, wenn ich heimkomme. Meistens richte ich schon etwas zum Essen her, bevor ich weggehe. Und wenn ich zurückkomme, habe ich einen echten Hunger. Das ist natürlich auch ein Privileg von jemanden, der in Pension ist. Und noch etwas: Ich gehe ohne Zeitlimit weg. Das heißt, ich mache das nur an Tagen, an denen ich keine Aufsichtspflichten habe. An diesen Tagen gehe ich irgendwann weg und komme irgendwann nachhause, ohne zeitliche Einschränkung. Das ist sehr schön und befreiend.

Okay, das Essen ist bereits vorbereitet. Und wie sieht die Routenplanung aus? Hast du alles durchgeplant, bevor du losgehst, oder lässt du dich treiben?

Ungefähr weiß ich schon, wo ich hingehen möchte. Zum Beispiel war ich erst in letzten Zeit zum ersten Mal an der Stelle, wo der Donaukanal von der Donau abzweigt. Es kann natürlich vorkommen, dass ich mir dann am Weg denke, dass ich lieber dort oder da gehe oder noch einen Abstecher mache. Im Wesentlichen halte ich mich aber an die überlegten Routen. Außerdem habe ich im Rucksack die Fußwegekarte und einen normalen Stadtplan dabei. Oder letzten Sommer war ich dann x-mal an der Alten Donau schwimmen. Wenn man den Wörthersee gewöhnt ist, denk man sich zuerst: „Grauslich. Da kannst nicht reingehen.“ Aber ich habe das dann gemacht, das war so ein schönes Erlebnis, dass ich das dann wiederholt habe.

Du hast am Anfang davon erzählt, dass dich der Ehrgeiz gepackt hat, Wien kennen zu lernen. Ist das sukzessive passiert oder hast du vorab einen Plan gefasst?

Es ist eigentlich nach und nach entstanden. Als ich mir die Fußwegekarte angeschaut habe, ist mir aufgefallen, wo ich überall hingehen könnte. Und ich war neugierig, wie es dort aussieht. Und dabei entdeckt man eben so tolle Motive: Ob das der Blick vom Döblinger Steg am Donaukanal in Richtung Westen ist, ob das im Herbst bzw. im Winter die Mistelbüsche auf den Bäumen sind, ob das die diversen Parks sind. Da gibt’s so schöne Ansichten. Und das ist immer wieder faszinierend.

Mistelbüsche am Donaukanal, Blick vom Döblinger Steg

Blick vom Döblinger Steg (Foto: Susanna Sobernig)

Was war denn der konkrete Auslöser, dass du begonnen hast, mehr zu Fuß zu gehen? War es dein Umzug nach Wien? Der Beginn der Pandemie?

Beides, das ist zeitlich zusammengefallen. Ich war früher eine begeisterte Kinogeherin. Außerdem war ich sehr viel in Museen und Galerien. Und plötzlich waren diese Indoor-Dinge nicht mehr möglich. Da kam der Wunsch auf, mir unbekannte Stadtteile zu erkunden und dabei auch ein bisschen kulturell aktiv zu sein. Das war ausschlaggebend.