drei Beispiele aus der Rätsel-Rallye von Günter: zwei Graffitis, die man suchen muss sowie der Hinweis zum Weg durch den Raimund-Hof

Günter, aufmerksamer Beobachter und Rätsel-Autor

Als aufmerksamer Beobachter entdeckt Günter immer wieder etwas Neues in Wien. Das Zu-Fuß-Gehen eignet sich für den gebürtigen Wiener am besten, um neue Entdeckungen zu machen. Was den Vater aber besonders auszeichnet, sind die Geburtstagsgeschenke an seine erwachsenen Kinder. Er schickt sie nämlich auf selbst erstellte Rätsel-Rallyes durch Wien. Wir haben Günter zum Gespräch über das Zu-Fuß-Gehen, die Rallyes und seine Entdeckungen getroffen.

Portrait von Günter

Foto: Günter Bottesch

Deine Tochter hat uns von einer Rätsel-Rallye erzählt, die du ihr zum Geburtstag geschenkt hast, und dich als Interviewpartner empfohlen. Wie kam’s zu diesem Geschenk? 

Begonnen hat alles vor vielen Jahren, als ich im Rahmen von Firmenevents bei Rätsel-Rallyes im Auto mitgemacht habe. Als meine Tochter vor zwei Jahren 30 Jahre geworden ist, dachte ich mir, ich muss ihr etwas Besonderes schenken. Und vor zwei Jahren war ja schon Pandemie. Und während der Pandemie begann ich mit meiner Frau viel in Wien herumzugehen. Erstens war’s sehr angenehm, weil kein Mensch auf der Straße war. Zweitens konnte man eh nichts anderes machen. Und während dieser Spaziergänge haben wir viele Ecken in Wien entdeckt, die ich als gebürtiger Wiener so auch nicht kannte, insbesondere in den Außenbezirken auch. Ich bin im 8. Bezirk aufgewachsen, ich bin ein Innenstädter, also alles was außerhalb des Gürtels ist, ist für mich schon ein bisschen unbekannter.

Ein Geschenk mit ideellem Unterhaltungswert

Also Geburtstag meiner Tochter: Zum 30. Geburtstag sollte es ein besonderes Geschenk sein. Insofern wollte ich ihr etwas Individuelles schenken, etwas, das vielleicht auch einen ideellen Unterhaltungswert hat. Und bei diesen Spaziergängen mit meiner Frau – ich bin ein aufmerksamer Beobachter – ist die Idee gereift, dass ich ihr eine Rätsel-Rallye schenke; allerdings nicht mit dem Auto, sondern zu Fuß. Meine Idee war, dass sie das an ihre Freunde und Bekannten weiterschenken und ein Event daraus machen kann. Und sie kann ihren Geburtstag mit ihren Freunden im Rahmen einer Rätsel-Rallye verbringen.

Gestartet habe ich für meine erste Rätsel-Rallye hier vom Büro aus, also im 4. Bezirk an der Wienzeile. Denn ich bewege mich sehr oft auch während meiner Mittagspausen Richtung Mariahilfer Straße, also 6. Bezirk. Also habe ich begonnen im 6. Bezirk eine entsprechende Route zu suchen, da kenne ich mich ganz gut aus. Dafür habe ich noch gezielter beobachtet als sonst. Also es geht bei dieser Rätsel-Rallye darum, dass man in möglichst kurzer Zeit, Dinge finden muss auf einer bestimmten vorgegebenen Route. Das können Sehenswürdigkeiten sein, das können Angebote in Geschäften sein, das können Dinge sein, die in den Gehsteig geritzt oder auf Hauswände gemalt wurden. Und diese Geburtstags-Rätsel-Rallye war auch ein großer Erfolg. Mehrere Teilnehmer wollten diese Rätsel-Rallye dann von mir gleich haben, um sie in ihrem Bekanntenkreis auch zu veranstalten. Das war der Beginn.

Gruppenfoto der Teilnehmer an der Rätsel-Rallye 2022

Teilnehmer:innen an der Rätsel-Rallye 2022 (Foto: Günter Bottesch)

„Man muss wirklich aufmerksam sein“

Wie viele Rätsel-Rallyes gibt’s seither?

Ich hab jetzt meine dritte gemacht. Und zwar habe ich anlässlich des 31. Geburtstags meiner Tochter gleich wieder eine Rätsel-Rallye gemacht. Diese führt durch den 4. und 5. Bezirk. Und jetzt bin ich gerade dabei die dritte Rätsel-Rallye für meinen Sohn zu machen, der 30 wurde. Ich habe ihm die Rätsel-Rallye schon geschenkt, er hat sich sehr gefreut und wir haben auch schon den Termin festgelegt, wann das ist. Jetzt bin ich gerade in den Endzügen. Witzig ist bei Rätsel-Rallyes ja, dass sich ständig etwas verändert. Ich muss also einen Tag, am besten eine Stunde vor der Rätsel-Rallye nochmals den ganzen Weg abgehen, um zu schauen, ob noch alles stimmt, was da gefragt ist. Und meistens hat sich irgendwas verändert.

Hast du ein konkretes Beispiel, was man bei der Rätsel-Rallye tun muss?

In der ersten Rätsel-Rallye musste man durch den Raimund-Hof im 6. Bezirk und man musste dort den Namen der Konditormeisterin finden, die angeblich die besten Schaumrollen in Wien macht. Oder gegenüber von der Stiftskaserne ist in den Boden ein Zitat eingeritzt, das man finden muss. Dazu versuche ich dann auch immer Hinweise zu geben, die nicht zu offensichtlich sind, aber trotzdem in die richtige Richtung weisen, also dass man zum Beispiel den Kopf nicht nur in den Himmel recken soll. Also solche Dinge, die man sucht und  findet, wo man aber auch ein bisschen überlegen muss, also jetzt nicht die einfachsten Sachen. Daher muss man wirklich schauen und aufmerksam sein.

Graffiti mit einem Panda

Aufgabe aus der Rätsel-Rallye: „Wer findet diesen Panda bei der Falcostiege?“ (Foto: Günter Bottesch)

Apropos aufmerksam: Du hast dich als aufmerksamen Beobachter beschrieben. Was entdeckst du am Weg? 

Immer wieder Neues. Also ich bin einer, der auch gerne in Hauseinfahrten und Durchgänge reinschaut. Ich führe auch gerne Freunde und Bekannte durch Wien, weil ich sehr viele Sachen kenne, die möglicherweise nicht jedem Wiener geläufig oder bekannt sind. Also ich vermeide die Kärntner Straße und den Graben und versuche dort zu gehen, wo nicht viele Menschen gehen, wenn ich in der Innenstadt unterwegs bin. Ich schau mir die Häuser an, ich schau mir die Gedenktafeln an, neue Lokale und Geschäfte entdecke ich immer wieder. Bis hin zu Ornamenten auf Häusern interessiert mich eigentlich alles.

Geheimtipp: Franziskanerplatz

Stell dir vor, meine Eltern kommen zu Besuch nach Wien. Sie leben am Land und waren schon einmal in Wien. Was soll ich ihnen auf jeden Fall zeigen? 

Wenn sie zum ersten Mal in Wien wären, dann muss man natürlich die Touristenrouten gehen, aber sonst … Also auch ich gehe ja in den ersten Bezirk mit meinen Besuchern, aber ich gehe nicht die typischen Touristenrouten. Bei Menschen, die schon da war, lasse ich Kärntner Straße, Kohlmarkt, Graben und Rotenturmstraße aus. Dann geh ich halt Routen durch teilweise Innenhöfe und alte Straßen. Ich zeige ihnen den Lieben Augustin, im Eingang zum Griechenbeisl, ich zeige ihnen den Franziskanerplatz. Das ist einer meiner Lieblingsplätze. Ich zeige Orte, wo man nicht selbstverständlich als Wienbesucher vorbeikommt.

Hast du noch andere Lieblingsorte in der Innenstadt?

Wie gesagt, der Franziskanerplatz ist mein Lieblingsplatz. Ich finde auch den Neuen Markt jetzt sehr schön. Ich gehe auch gern in dem Viertel rund um Seitenstettengasse, Judengasse und Ruprechtskirche herum, also eigentlich eine Mischung aus Alt und Neu. Der Neue Markt ist ja ganz neu gestaltet, ich finde das super, wie sich die Begegnungs- und Fußgängerzonen immer mehr ausweiten. Es gibt für mich viele Lieblingsplätze, ich versuche auch immer wieder Neues zu entdecken.

Tür mit Graffiti und Tags sowie einem Schild mit Text "Zugang unbeding freihalten!"

Beispiel aus der Rätsel-Rallye: Hier hat sich ein Textfehler versteckt. (Foto: Günter Bottesch)

„Wir haben die Liebe zum Zu-Fuß-Gehen neu entdeckt“

Du hast am Anfang des Gespräch erzählt, dass du mit der Pandemie begonnen hast, mehr zu gehen. Warst du vorher schon zu Fuß unterwegs, oder ist die Pandemie der Auslöser?

Ich bin mit allen Verkehrsmitteln in Wien unterwegs, ich bin Radfahrer, ich bin Autofahrer, Motorradfahrer, ich nehme die U-Bahn, Straßenbahn und Bus und ich gehe viel zu Fuß, insbesondere innerstädtisch. Alles, was innerhalb des Gürtels ist, mache ich zu 95% zu Fuß oder mit dem Fahrrad.

Meine Frau und ich sind schon vor der Pandemie zu Fuß gegangen. Aber durch die Pandemie haben wir die Liebe zum Zu-Fuß-Gehen neu entdeckt und sind nicht nur eine halbe oder dreiviertel Stunde gegangen, sondern zwei oder drei Stunden. Also das war eine der positiven Auswirkungen der Pandemie, dass wir dieses Zu-Fuß-Gehen neu entdeckt haben. Vorher sind wir halt ins Theater oder Kino zu Fuß gegangen, also damals war das Zu-Fuß-Gehen oft der Weg zu einem Ziel und wieder retour. Und jetzt gehen wir oft ziellos. Jetzt ist das Zu-Fuß-Gehen für meine Frau und mich ein Spaß und ein Zeitvertreib. Oft treffen wir uns nach der Arbeit und gehen dann noch ein, zwei Stunden innerstädtisch spazieren.

Günter am Donauufer in Budapest

Zu Fuß in Budapest (Foto: Günter Bottesch)

Was würde dir fehlen, wenn du nur mehr Auto fahren und nicht mehr zu Fuß gehen dürftest ?

Die Bewegung. [lacht] Und auch die Möglichkeit, Details und Neuigkeiten wahrzunehmen, das kann man beim Zu-Fuß-gehen eher tun. In meinem Alter – ich bin über 60 Jahre – ist es auch wichtig, dass man bewusst Bewegung macht. Ich spiele zwar auch Tennis, aber das Zu-Fuß-Gehen ist die einfachste und günstigste Art, Bewegung zu machen … neben Turnen. Aber Turnen zuhause ist nicht so lustig.